Das Forschungskolleg (FoKoS) der Universität Siegen untersucht in der Region Hickengrund in Burbach Möglichkeiten der Digitalisierung von Patientendaten im ländlichen Raum. Ziel des Projektes „DataHealth“ ist es, die derzeitige Mobilität von PatientInnen durch die Mobilität ihrer Gesundheitsdaten zu ergänzen oder gar zu ersetzen.
Gesundheitsversorgung ist ein wichtiger Faktor, um ländliche Regionen vor Abwanderung zu schützen. Die Digitalisierung bietet umfangreiche Möglichkeiten, um die Versorgung von PatientInnen auf dem Land auch in Zukunft zu sichern. Im Projekt „DataHealth – Flexible Patientendaten für die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum“ untersucht das Forschungskolleg (FoKoS) der Universität Siegen jetzt gemeinsam mit der Lebenswissenschaftlichen Fakultät (LWF) Möglichkeiten des digital unterstützten Transfers von Gesundheitsdaten. Wie können Vitalparameter wie Blutdruck, Puls, Blutzucker, Sauerstoffsättigung oder auch ein EKG auf sicherem Weg digital in die Arztpraxis übermittelt werden? Am Beispiel des Hickengrundes in Burbach sollen dazu Digitalisierungsstrategien entwickelt werden. Ziel des Projektes ist es, die Versorgung größerer Patientenpopulationen auch bei abnehmenden Ärztezahlen auf einem hohen Niveau zu erhalten.
„In den nächsten zehn Jahren werden über 50 Prozent der Hausärzte im Kreis Siegen-Wittgenstein aufhören. Weniger Ärztinnen und Ärzte müssen dann deutlich mehr Patientinnen und Patienten versorgen“, sagte Dr. Dr. med. Charles Christian Adarkwah, der das Projekt gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves und Prof. Dr. Rainer Brück leitet. Burbachs Bürgermeister Christoph Ewers treibt das Thema schon lange um, die ersten Gespräche mit dem FoKoS liegen inzwischen zwei Jahre zurück. „Ohne am Anfang zu wissen, worauf wir uns einlassen, haben wir offene Gespräche geführt und uns gefragt: Gibt es für den Hickengrund, gibt es für die hausärztliche Situation Lösungen, Hilfen, damit die medizinische Versorgung vorhanden bleibt?“, erklärte Ewers bei der öffentlichen Vorstellung des Projektes.
Mit „DataHealth“ wird im Hickengrund ein Leuchtturm-Projekt in der digitalen gesundheitlichen Versorgung entwickelt. „Wichtig ist, dass wir uns fokussieren. Von zentraler Bedeutung ist die Frage: Wie kann eine geeignete Schnittstelle aussehen, die einen professionellen Austausch von Vitaldaten sicherstellt?“, sagte Dr. Olaf Gaus, Geschäftsführer des FoKoS. Insbesondere PatientInnen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt oder chronisch krank sind, könnten so in Zukunft weite Wege erspart werden. Ein zusätzlicher Fokus des Projekts liegt im pflegerischen Bereich, da insbesondere die Heimversorgung als sehr zeitaufwendig gilt. Die regelmäßige Übermittlung der Gesundheitsdaten von Pflegeheim-BewohnerInnern könnte den Einsatz des hausärztlichen Notdienstes am Wochenende oder gar stationäre Klinikeinweisungen reduzieren und so zu einer Entlastung aller Beteiligten führen.
Über die Hausarztpraxen Dr. Marton in Burbach-Holzhausen und Fudu Yu in Burbach-Niederdresselndorf sollen im Rahmen des Datahealth_web2Projektes ProbandInnen akquiriert und mit der nötigen Infrastruktur sowie mobilen Endgeräten zur Datenübertragung ausgestattet werden. Gemeinsam mit den Praxen und den PatientInnen geht es anschließend darum, digitale Technologien zur Kommunikation von Gesundheitsdaten im Testbetrieb zu nutzen – und sie auf ihre Akzeptanzfähigkeit zu überprüfen: Welche Vorbehalte gibt es, welche technischen Herausforderungen sehen die Menschen und wie kann ihnen begegnet werden? „Die Patienten stehen im Mittelpunkt“, betonte Adarkwah, der selbst als Hausarzt praktiziert. Die Bedürfnisse und die Bereitschaft der PatientInnen stehe bei dem Projekt im Mittelpunkt. In einem weiteren Schritt soll der Testbetrieb im Christlichen Seniorenhaus Lützeln fortgeführt werden, das als weiterer Kooperationspartner an dem Projekt beteiligt ist.
„DataHealth“ wird unter Vorbehalt einer Bewilligung seitens der Bezirksregierung durch das Förderprogramm LEADER der Europäischen Union zur Entwicklung des ländlichen Raums unterstützt. Der Vorstand des Regionalvereins LEADER-Region 3-Länder-Eck e. V. mit der Vorsitzenden Roswitha Still hat das Projekt als besonders förderwürdig bewertet. Zusammen mit bereits laufenden Projekten ist „DataHealth“ Teil des umfassenden Vorhabens „Digitale Modellregion Gesundheit Südwestfalen“ des Forschungskollegs, bei dem es darum geht, zukunftsfähige Lösungsansätze für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen zu entwickeln und umzusetzen. Daraus entstehende Synergieeffekte lassen sich bundesweit übertragen, denn Überlastungen in Arztpraxen, weite Wege und abnehmende Ärztezahlen sind Themen, die auch außerhalb des Hickengrundes zunehmend zur Herausforderung werden